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Verein / Geschichte

ATSV Miesbach -von der Erstgründung bis zur Auflösung
Der Verein nach der Wiedergründung
Zur Geschichte des ASV Miesbach und seinen Sportplätzen
Vorgeschichte zum Bau der ASV-Sportanlage am Windfeld
Kleines Bautagebuch


ATSV Miesbach - von der Erstgründung bis zur Auflösung

Ein geschichtlicher Rückblick von Franz Brünner


Der Arbeiter- Turn- und Sportverein Miesbach wurde am 6. Juni 1912 gegründet. Seine Eintragung beim Amtsgericht Miesbach lief unter der Nr. 129/29. Folgende Gründungsmitglieder sind noch namentlich bekannt, sie waren die Männer der Geburtsstunde des ATSV: Hans Renner, Schriftsetzer; Georg Hierl, Branntweiner; Ferdinand Huber, Schuhmacher; Thomas Priller, Bergmann.

Über das Vereinsleben in den ersten Jahren nach der Gründung sind wenig Einzelheiten bekannt. Eine Berichterstattung über diese Zeit ist daher nicht möglich, es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die Aktivitäten damals noch nicht überaus groß waren. Auch muß bei dieser Vermutung berücksichtigt werden, daß schon zwei Jahre nach der Vereinsgründung die Ereignisse im August 1914 die Völker Europas wie ein Erdbeben erschütterten. Der Erste Weltkrieg war ausgebrochen, und es erscheint kaum glaubhaft, daß bis zu seinem Ende 1918 erwähnenswerte sportliche oder gesellschaftliche Geschehnisse in einem neuen Verein stattgefunden hätten. Sicher wal zu dieser Zeit die Mehrzahl der jungen ATSV-Sportler im Felde bzw. sofern noch in der Heimat, zur Wehrausbildung oder kriegsdienstlichen Tätigkeiten verpflichtet.

Auch in den ersten Nachkriegsjahren, vor allen Dingen in der schlimmen Zeit der sogenannten »Spartakelwirtschaft«, welche in unserer kleinen Stadt Miesbach mit besonders dickem Stift Geschichte schrieb (Belagerung und Beherrschung der Stadt durch die Rotgardisten, Erschießung des Studenten Lachner im Miesbacher Gefängnishof durch eigene Gesinnungsgenossen), hatten die jungen Miesbacher andere Beschäfti­gungen als sportliche Betätigung. - Bald darauf schon dürfte auch der Sport wieder zu seinem Recht gekommen sein, denn im Jahre 1927 feierte der ATSV Miesbach sein 15jähriges Bestehen. Daß die damalige ATSV- Vorstandschaft schon etwas von der Organisation sportlicher und gesellschaftlicher Großveranstaltungen verstand, davon zeugt nachfolgender originalgetreu wiedergegebener Bericht des Miesbacher Anzeigers vom 11. Juli 1927.

» Vom Arbeiter- Turnverein wird mitgeteilt: Am Samstag und Sonntag stand Miesbach im Zeichen des Arbeiterturnsportes. Der dortige Arbeiter- Turn- und Sportverein hatte nämlich aus Anlaß seines 15jährigen Bestehens zu frisch-fröhlichem Feste geladen und zahlreich folgte man diesem Rufe. Bahn- und Stahlrösser brachten, trotz bezeigter Launen des Wettergottes, ganze Scharen Arbeitersportler von nah und fern. Besonders München, Starnberg, Rosenheim, Kolbermoor, Hausham und Holzkirchen waren sehr stark vertreten. Der Festabend am Samstag füllte den Waitzinger-Keller-Saal bis auf den letzten Platz. Hatten schon bei den nachmittäglichen Empfängen die heute modernen Trommler­und Pfeiferkorps reges Leben in Miesbachs Straßen gebracht, so fand jetzt der Festabend mit einem vom Tambourmajor gesprochenen Prolog, dem ein schneidiger Marsch folgte, seine Eröffnung.

Ein umfang- und abwechslungsreiches Programm wurde exakt erledigt. Von den fast durchaus beifällig aufgenommenen turnerisch-sportlichen und gesanglichen Nummern wollen wir hier die glänzenden akrobatischen Leistungen der Gruppe Kolbermoor und Rosenheim und die von Miesbacher Turnerinnen erstellten lebenden Bilder mit ihrer farbenprächtigen Aufmachung besonders hervorheben. Erwähnt sei auch des stark applaudierten musikalischen Teiles, den Herr Kapellmeister Ioseph Renner fun. in von ihm bekannter Weise besorgte.

Die Begrüßung der Arbeitersportler und Festgäste betätigte der Vereinsvorsitzende Herr Franz Glasl mit kernigen Worten. In schlichter Art und mit gewählten Worten gedachte er auch der heute noch dem Verein angehörenden Gründungsmitglieder, der Herren Hans Renner, Schriftsetzer, Georg Hierl, Branntweiner und Ferdinand Huber, Schuhmachermeister in Miesbach, denen in ehrender Anerkennung auch die Bundesnadel zukommen wird.


Der Akt der Fahnenenthüllung wurde nach Erledigung der ersten Programmhälfte, gleichfalls vom Vereinsvorstand in einfacher, schlichter und doch fesselnder Weise vollzogen. Miesbachs freie Turnerschaft, flankiert von seiner Trommler- und pfeifermann­schaft, in der Mitte der Patenverein Kolbermoor mit eigener enthüllter Patenfahne, hatte auf der geräumigen Bühne sich gruppiert, als Turnerinnen die neue Fahne brachten. Eine kurze Umrißzeichnung vom Werden des Arbeiterturnvereins bis zum Tage der Fahnenent­hüllung, ein laut tönendes >Frei Heil!<, die Hülle fiel und zeigte das neue Vereinsbanner. Der Wechsel von Fahnenbändern künstlerischer Art zwischen neuer und Patenfahne beschloß den eindrucksvollen Akt.

Am Festsonntag riefen die gesamten Mannschaften der Trommler und Pfeifer die zumeist privat einquartierten Sportler ,sehr frühzeitig zu den Wettkämpfen. Trotz des von Zeit zu Zeit rieselnden Regens war ein lebhaftes Treiben an Reck und Barren, Pferd und Sprungbrett. Wettkämpfer mit Speeren, Diskuswerfer und Läufer traten auf den Plan. Nur eine kurze Mittagspause und der darauffolgende Festzug unterbrach die Wettspiele. Der in der Schützenstraße sich um 3/4  Uhr gruppierende Festzug setzte sich pünktlich in Marsch. Voran der
87 Mann starke Trommler- und Pfeiferchor Kolbermoor, dann die Radfahrver­eine mit ihren Standarten, denen wieder die Jugendsportgruppen mit sehr vielen Teilnehmern, in weiterer Reihe die Turner und Turnerinnen in ihren verschiedenen Treß, angeführt von der Musikkapelle Pirk und ein paar weiteren Trommlerkorps unterbrochen, mit 12 Fahnen folgten.

Außer den Radlern und Sportlern beteiligten sich am Festzuge ein größerer Münchner Gesangsverein und einige kleinere Gruppen. Der Weg des stattlichen Zuges führte über Unteren und Oberen Stadtplatz wieder zurück zum Festplatz. Dort konnte trotz des schon erwähnten, immer ungemütlicher werdenden Regens der noch zu erledigende Programmteil bis auf einige Punkte durchgeführt werden. Unter der den Turnern und Sportlerinnen gegen Abend zu Teil gewordenen Regenfülle hatte wohl auch der des Abends im Waitzinger-Keller-Saal arrangierte Festball zu leiden. Die heimischen Sportler und Sportlerinnen wußten jedoch über dieses Manko wegzukommen und drehten sich lustig nach den schmeichelnden Weisen der Kapelle I. Renner.
«

Erfolgsreichste Teilnehmer bei den Wettkämpfen aus ATSV-Sicht waren Friedl Urban, Franz Lex und Johann Seer.

Um die damals bevorzugten Sportarten bei Training und Wettkampf jederzeit ausüben zu können, erwarb der ATSV von der Stadt Miesbach jenes Gelände, auf dem sich heute die Siedlung an der Taubenbergstraße im Norden Miesbachs befindet. Im Juli 1929 wurde unter Nr. 1071 beim Notariat Miesbach durch den Notar Justizrat August Roesen der Grunderwerb beurkundet. Für die Stadt Miesbach zeichnete 1. Bürgermeister Carl Feichtner, für den ATSV Miesbach der Schlosser Franz Mittermaier, seines Zeichens 1. Vorstand und der Bäcker Sebastian Fertl, 1. Kassier, sowie der Schriftführer Georg Moosmaier, alle aus Miesbach.

Ein wesentlicher Bestandteil aus dem Inhalt dieser Urkunde ist im Wortlaut getreu wiedergegeben. »Die Stadtgemeinde Miesbach verkauft an den Arbeiter-Turn- und Sportverein Miesbach das im Grundbuch des Amtsgerichts Miesbach für Miesbach Bd. III 485 BL218 vorgetragene Grundstück der Steuergemeinde Miesbach PINr.631 auf der Miesbacherin, Egart und Grasrain 0,471 Hektar um den Preis von 500 Goldmark- eine Goldmark entspricht dem Preis von 1/2790 Feingold, bei Zahlung mindestens einer Reichsmark. Die Übergabe ist erfolgt, der Käufer befindet sich seit 1. April 1929 im Besitz und Nutzgenuß des Grundstücks und trägt von diesem Tag an die treffenden Steuern und sonstigen öffentlichen Lasten und Abgaben. «

Damit war man beim ATSV stolzer Besitzer von eigenem Grund und Boden, und die Mitglieder machten sich mit Hingabe daran, das erworbene Gelände nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

Bei genauer Betrachtung der damaligen Geschehnisse sind gewisse Parallelen zum Werdegang des Vereins nach der Wiedergründung unverkennbar. Die Neigung der ATSV-Mitglieder, durch persönlichen Arbeitseinsatz Vereinseigentum zu schaffen, war damals schon so ausgeprägt wie auch in der Pionierzeit des neugegründeten ASV. Hier wie damals war man im Verein von dem Willen beseelt, seine Eigenständigkeit zu wahren und nicht irgendwo geduldet und dort der Barmherzigkeit der Dulder ausgesetzt zu sein. Nachdem in der damaligen Zeit der Weimarer Republik die politischen Verhältnisse immer undurchsichtiger und verworrener wurden, wollte man beim ATSV, mit gesundem Mißtrauen vorausschauend, mit der Verfügungsmöglichkeit über eigenes Sportgelände »schlechtere Zeiten« meistern. Jedenfalls gab sich der Verein am 9. Okto­ber 1932 seine eigene Satzung. Nachfolgend genannte Männer unterschrieben diese ersten Vereinsstatuten: Karl Lehner, Johann Seer, Josef Kratzer, Otto Maurer, Alfons Kammeter, Josef Kammeter, Ferdinand Schauer.

Als Zweck und Ziel sind unter § 2 der Satzung angeführt: »Zweck des Vereins ist die Hebung und Förderung der Volkskraft und Volksgesundheit durch Pflege der Leibes­übungen auf volkstümlicher Grundlage als Mittel zur körperlichen und geistigen Bildung seiner Mitglieder.« Nachdem die Satzung stand, hatte im Verein auch verwaltungsmäßig alles seine Richtigkeit.

Lange durften sich freilich die ATSV-Mitglieder ihrer Errungenschaften nicht freuen. Am politischen Horizont zogen dunkle Wolken auf. Die Weimarer Republik verfiel mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933, SA und SS beherrschten die weitere Entwicklung in Deutschland. Alle Organisationen und Vereine, deren Zielset­zung vom Interessenbereich der neuen Machthaber abwichen, wurden rigoros aus radiert. Wandervereine, Radfahrervereinigungen wie Solidarität, freie Turnerschaften galten schlechthin als staatsfeindliche Vereinigungen und wurden wegen »marxistischer« oder »kommunistischer« Tendenzen verboten und aufgelöst, ihr Vereinsvermögen einfach beschlagnahmt. Dieses Schicksal ereilte auch den ATSV Miesbach.

Mit Schreiben vom 1. April 1933 des Bezirksamts Miesbach Nr.1843 an die Gendarmeriestationen wurde die Schließung aller »marxistischen« Organisationen angeordnet. Am 5. April 1933 ergeht im Benehmen mit dem Sonderkommissar beim Bezirksamt Miesbach die Verfügung: »Es ist sofort das gesamte Vermögen dieser Organisationen zu beschlagnahmen. Die Vereinsvorstände sind darauf aufmerksam zu machen, daß sie bei Meidung der Schutzhaft über das beschlagnahmte Material und Vermögen nicht mehr verfügen dürfen. Bis zum 9. April ist Verzugsanzeige zu erstatten. « Damit wurde dem Vorstand Franz Glasl die Pistole auf die Brust gesetzt; es blieb ihm keine andere Wahl, als am 11. Mai 1933 die nachfolgend im Original abgedruckte Erklärung zu schreiben:
Erklärung

Unter dem Betreff » Vollzug der Gesetze über die Enteignung von zu antinationalen Zwecken verwendeten Gut« teilte das Bezirksamt Miesbach am 16. Mai 1933 der Regierung von Oberbayern in München mit: »Der Arbeiter- Turn- und Sportverein Miesbach war ursprünglich eine Mehrheitssozialistische Organisation im Verband der Freien Turnerschaften. Er hat sich unter dem Einfluß des kommunistischen Funktionärs Urban im Jahre 1932 der Roten Sporteinheit angeschlossen, ist also rein kommunistisch geworden. Gegen den Verein wurde daher irn Sinne der Entschließung des Staatsministe­riums des Innern vom 16. März 1933 Nr. 2188 vorgegangen. Sein Vermögen wurde be­schlagnahmt und soweit es beweglich war, auf Grund dieser Weisung eingezogen und verwertet.«

Bevor der folgende Wortlaut dieses Schreibens wiedergegeben wird, sei noch das beschlagnahmte Vermögen aufgeführt. Es waren dies folgende Gegenstände: 1 Pferd, 1 Barren, 1 Reck mit 2 Ständern und Spannvorrichtung, 4 Hochsprungständer, davon zwei neue und zwei alte, 2 Kokosmatten, 4 Rupfen, ein Trauerflor, eine Nachrichten­tafel, ein Weitsprungbrett, ein Majorstab, ein Speer, eine Stabhochsprungstange, 6 Hürdenständer, 1 große und eine kleine Trommel mit 2 Tambourschlegel, eine Vereinsfahne mit Stange und eine sonstige Fahnenstange, 2 beschädigte Tennisschläger, eine Eisenhantel, 6 kleine rote Fähnchen, ein großer eiserner Reifen, 1 Brotbeutel, 2 Bücher »Sozialistische Arbeiter-Sportinternationale«, ein Marschalbum der Spielleute, ein »Spiele mit«, ein Marschalbum für Flöte (1), ein Marschalbum für Trommel, ein Buch Kinderturnwart, 1 Heft »Musik und Leibesübungen«.

Und nun zum weiteren Inhalt des Schreibens. »Für die Turngeräte wurden insgesamt 57 RM erlöst, die bei der Bezirkssparkasse Miesbach auf das Sparkonto Nr. 3167 angelegt sind. Dem Staatsministerium des Innern wurde berichtet, daß der Erlös, der damals auf 50 bis 60 RM geschätzt wurde, für den Wiederaufbau des abgebrannten Reichstagsgebäudes bereitgehalten werde. Das unbewegliche Vermögen besteht aus dem Grundstück 1 Nr.631 Steuergemeinde Miesbach. Das Grundstück ist be.\'chlagnahmt. Der heutige Verkehrswert des Grundstücks, das einen guten Bauplatz darstellt, ist nach Angabe des 1. BÜrgermei­sters von Miesbach etwa 500 RM. Das Grund,\'tück war früher im Eigentum der Stadt Miesbach und wurde nur deswegen an den Arbeiter- Turn- und Sportverein Miesbach verkauft, um dem Verein einen billigen Turnplatz zur Verfügung zu stellen. Damals war der Verein noch nicht kommunistisch. Ich begutachte nun, das Grundstück um 500 RM wiederum an die Stadt Miesbach zurückzuverkaufen. « Und so ist es schließlich auch geschehen. 1. Bürgermeister Feichtner und 2. Bürgermeister Hürnmer unterschrieben einen Stadtratsbeschluß vom 3. Mai 1933, worin sich die 17 anwesenden Stadtväter auf folgenden Text einigten: »Der kommunistische Arbeiter-Turn- und Sportverein Miesbach hat am 3. Juni 1929 das Grundstück PI.-Nr. 631 von der Stadtgemeinde zur Anlage eines Turnplatzes erworben. Mit Rücksicht darauf, angesichts des Ausnahmepreises, der seinerzeit für dieses Grundstück festgesetzt wurde und bei dem Umstande, daß dieses Grundstück als kommunistisches Grundstück beschlagnahmt wird, beschließt der Stadtrat die Zurückerwerbung.«

Nun war alles wieder beim alten; dort wo die ATSVler ihren Sport ausgeübt hatten, entstanden bald die Siedlungshäuser der jetzigen Taubenbergstraße. Bevor es zum ersten Spatenstich kam, beteuerte das Miesbacher Stadtoberhaupt in einem Schreiben vom 10. Mai 1933 an das Bezirksamt mit der Bitte um Weiterleitung seine Dienstbeflissenheit mit folgenden Zeilen: »Wir gestatten uns zu bemerken, daß der Sportplatz, wenn gewünscht, den nationalen Verbänden bzw. für Jugendpflege zur unentgeltlichen Benützung zur Verfügung gestellt wird. «

Im gleichen Aufwasch mit dem ATSV wurde auch die Auflösung der freien Turnerschaft Holzkirchen und der Naturfreunde Hausharn verfügt.

Ein bißchen Durcheinander entstand noch bei der weiteren Verwendung bzw. dem Verbleib der vom ATSV beschlagnahmten Gegenstände. Mit Schreiben vom 16. Juli 1934 richtete das Bezirksamt an die Gendarmeriehauptstation Miesbach folgende Anfrage: »Seinerzeit wurden die Turngeräte usw. beschlagnahmt und vermutlich an die SA oder an den Turnverein Miesbach unentgeltlich abgegeben. Die diesbezüglichen Verhandlungen liegen beim Staatsminister des Innern. Vielleicht ist die Gendarmeriehaupt­station in der Lage, ein Verzeichnis herzustellen über jene Gegenstände, die an den Turnverein bzw. an die SA abgegeben wurden. «

Am 18. Juli 1934 beantwortete die Gendarmeriehauptstation diese Anfrage prompt. »Die in dem anliegenden Verzeichnis unter Nr.1 mit 9 und Nr.12 aufgeführten Gegenstände wurden mit einem LKW des Bezirks Miesbach nach Holzkirchen gebracht. Die Turngeräte bekam entweder der Turnverein oder die SA in Holzkirchen. Die unter Nr.10 aufgeführte kleine Trommel mit 2 Schlegel, 6 rote Fähnchen und 1 Brotbeutel wurden am 3. April 1933 an SA-Sturmführer Stahl und die große Trommel am 5. April 1933 an den SA-Musikmeister Bauer in Miesbach abgegeben. Die Vereinsfahne Nr.11 und die unter Nr. 14 aufgeführten Bücher wurden vernichtet. Die Fahnenstangen wurden an die SA in Miesbach abgegeben. «

Aus diesem Schriftverkehr soll der Leser entnehmen, wie intensiv sich damals die Volksgenossen uns heute unwichtig erscheinenden Dingen widmeten, und wie schnell alle Gegenstände wieder Verwendung fanden. Nur mit den Büchern und den roten Fähnchen wußten die eifrigen Vorkämpfer des »1000jährigen Reiches« aus verständli­chen Gründen nichts mehr anzufangen. Das gleiche galt für die schöne Fahne des ATSV. Auch sie wurde der Vernichtung zugeführt; nicht jedoch, ohne vorher die Stange sicherzustellen. Daran konnten ja die neuen Banner aufgezogen werden. Freilich, einige Jahre später wäre sogar das Fahnentuch wieder zu Ehren gekommen. Jedenfalls kamen dem Chronisten diese Gedanken und die Spinnstoffsammlungen während der letzten Kriegsjahre bekräftigen diese Theorie.

Traurig müssen diese Ereignisse in jener Zeit stimmen, vielleicht auch ein bißchen nachdenklich. Darum sei am Schluß des Berichtes noch eine heitere Episode mit ernstem Ende aus jener Zeit erzählt. Ein Mitglied des ATSV Miesbach, dessen Name unerwähnt bleibt, hatte, die Entwicklung der Dinge kurz vor Eintritt vorausahnend, eine stabhochsprungstange aus Bambus und eine Tschinelle aus dem Vereinsinventar weggeräumt und in der Holzlege der elterlichen Wohnung versteckt. Die Nichtpreisgabe des Verstecks legte man dem inzwischen in die SA eingetretenen früheren ATSV-Sportler dergestalt aus, daß er ein kommunistischer Geheimfunktionär sei, der in der SA nur spitzeln und auflauern wolle. So steht es wörtlich in einem Schreiben der Gendarmeriehauptstation vom 4. Oktober 1933 an das Bezirksamt. In Wirklichkeit schlug der gute Mann vermutlich besonders gerne diese Tschinelle und hatte die Stabhochsprungstange zu seinem Lieblingssportgerät auserkoren.

So hatte auch diese heitere Episode bald einen sehr ernsten Hintergrund. In diesem Polizeibericht heißt es weiter, » . . . der Mann wurde wegen schweren Diebstahls festgenommen und eingeliefert und dann mit Urteil des Amtsgerichtes Miesbach vom 31. August 1933 zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Bezüglich Feststellungen über die geheimen Machenschaften zugunsten der Kommunisten wäre schon mit Rücksicht darauf, daß er nach seiner Entlassung aus der Strafanstalt die Verbindung mit den Kommunisten wieder aufnimmt, seine an das Strafende anschließende Schutzhaft und Verbringung in ein Konzentrationslager angebracht. « Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.